Als jemand, der sich beruflich mit der Schnittstelle zwischen Steuerrecht und digitalen Vermögenswerten beschäftigt, verfolge ich die aktuelle Rechtsprechung mit großem Interesse. Das Finanzgericht Nürnberg hat am 22. Januar 2025 (Az. 3 K 760/22) ein aufschlussreiches Urteil gefällt, das mehrere praxisrelevante Fragen zur Besteuerung von Kryptowährungen behandelt.
Das Gericht bestätigt: Auch der Tausch von Kryptowährungen – zum Beispiel Bitcoin gegen Ethereum – unterliegt als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG der Besteuerung, wenn der Tausch innerhalb eines Jahres nach Anschaffung erfolgt. Eine Rückumwandlung in Euro ist dabei nicht erforderlich.
Darüber hinaus hat das Finanzgericht die Besteuerung sogenannter Staking-Erträge bejaht. Das betrifft im konkreten Fall Einnahmen aus dem Halten von WAVE Coins sowie dem damit verbundenen Erhalt von MRT (Miners Reward Token). Auch sogenannte Claiming-Erträge, wie etwa die automatische Gutschrift von GAS beim bloßen Halten von NEO, wurden zu Recht als steuerpflichtige Einnahmen gewertet.
Besonders interessant ist die Ausführung zur Bewertungsmethode bei der Ermittlung der Gewinne: Obwohl das Bundesfinanzministerium in seinem Schreiben vom 10. Mai 2022 die FIFO-Methode (first in, first out) grundsätzlich bevorzugt, hält das Finanzgericht auch die LIFO-Methode (last in, first out) für zulässig – vorausgesetzt, sie wird konsequent wallet- und währungsbezogen angewendet. Der Grund: Anders als bei Fremdwährungsgeschäften gibt es im Gesetz keine spezielle Regelung zur Verbrauchsfolge bei Kryptowerten.
Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der steuerlichen Behandlung digitaler Vermögenswerte oder der Zumutbarkeit der Dokumentationspflicht wurden vom Gericht nicht anerkannt.
Da Kryptowährungen steuerlich weiterhin als „andere Wirtschaftsgüter“ gelten und es zu vielen Aspekten bisher keine höchstrichterliche Entscheidung gibt, wurde die Revision zum Bundesfinanzhof ausdrücklich zugelassen.
Ich halte dieses Urteil für einen weiteren wichtigen Baustein zur Klärung der steuerlichen Rahmenbedingungen im Bereich digitaler Assets – auch wenn es längst nicht die letzte Entscheidung zu diesem Thema sein dürfte.
Der vollständige Urteilstext ist hier nachzulesen:
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2025-N-7241