Mit der Veröffentlichung des neuen Modells GPT-4o hat OpenAI eine neue Ära der künstlichen Intelligenz eingeläutet. Besonders beeindruckend – und zugleich besorgniserregend – sind die neuen Bildgenerierungsfunktionen, die es dem Modell ermöglichen, realistisch aussehende Fotos mit eingebetteten Texten zu erstellen. Was auf den ersten Blick wie ein technologischer Fortschritt wirkt, hat auf den zweiten Blick ein enormes Missbrauchspotenzial: die täuschend echte Fälschung von Kassenbelegen und Rechnungen.
Der Test: Realistische Fake-Belege per Knopfdruck
Wie TechCrunch berichtet, testen Nutzer weltweit bereits die neuen Funktionen von GPT-4o – mit verblüffendem Erfolg. Innerhalb kürzester Zeit kursierten auf Plattformen wie LinkedIn und X (ehemals Twitter) Bilder von gefälschten Restaurantrechnungen, die mithilfe der KI erstellt wurden. Besonders authentisch: ein geknitterter französischer Kassenbeleg, komplett mit Mehrwertsteuer, realem Restaurantnamen und unregelmäßigen Schriftarten – inklusive Kaffeefleck.

Selbst TechCrunch konnte mit einem einfachen Prompt eine realistische Rechnung eines Applebee’s-Restaurants in San Francisco erzeugen. Zwar waren noch kleinere Fehler enthalten – etwa ein Komma statt Punkt bei der Gesamtsumme oder ein fehlerhaft berechneter Gesamtbetrag –, doch mit minimaler Nachbearbeitung lassen sich diese Schwächen leicht ausbügeln.
Die Gefahr: Steuerbetrug in neuem Gewand
Die eigentliche Problematik liegt auf der Hand: Mit diesen Werkzeugen lassen sich fingierte Ausgaben für Reisekosten, Bewirtungen oder Anschaffungen erzeugen – perfekt geeignet, um Spesenbetrug, Umsatzsteuerkarusselle oder Betriebsausgabenmanipulationen zu verschleiern. Betrüger könnten mit wenigen Klicks Belege produzieren, die selbst erfahrenen Steuerprüfern auf den ersten Blick glaubwürdig erscheinen.

Für Finanzämter, Betriebsprüfungen und Steuerfahndung bedeutet das: klassische Plausibilitätsprüfungen stoßen an ihre Grenzen, wenn KI-generierte Dokumente in Umlauf geraten, die durch Metadaten-Verschleierung oder Ausdrucke kaum mehr zu identifizieren sind.
OpenAIs Verteidigung – und offene Fragen
Ein Sprecher von OpenAI, Taya Christianson, erklärte gegenüber TechCrunch, dass alle in ChatGPT generierten Bilder mit Metadaten gekennzeichnet seien, die auf ihren KI-Ursprung hinweisen. Außerdem betonte sie, dass das Unternehmen bei Verstößen gegen die Nutzungsrichtlinien Maßnahmen ergreife und die Technologie laufend auf Basis des Nutzerverhaltens weiterentwickle.
Gleichzeitig räumte OpenAI ein, dass derartige Bilder nicht per se verboten seien – sie könnten auch für kreative oder pädagogische Zwecke genutzt werden, etwa zur Finanzbildung, künstlerischen Visualisierung oder Werbegestaltung.
Doch bleibt die kritische Frage: Warum wird das gezielte Erstellen von gefälschten Belegen technisch überhaupt ermöglicht, wenn es so leicht in betrügerische Kontexte übertragbar ist?
Was bedeutet das für die Finanzverwaltung?
Diese Entwicklung stellt Steuerbehörden und Compliance-Abteilungen vor neue Herausforderungen:
Digitale Forensik muss KI-bedingte Manipulationen berücksichtigen.
Kontrollmechanismen bei Spesen- und Betriebsausgabenprüfungen müssen um technische Analysen erweitert werden.
Gesetzliche Grundlagen für die Anerkennung digitaler Belege müssen überprüft und ggf. an neue Risiken angepasst werden.
Es braucht Sensibilisierung innerhalb der Verwaltung, um mit den neuen Bedrohungen Schritt zu halten.
Fazit: Neue Technologie braucht neue Prüfverfahren
GPT-4o zeigt einmal mehr: Technologische Innovation bringt nicht nur Chancen, sondern auch neue Betrugsrisiken. Die Fähigkeit, authentisch wirkende Belege auf Knopfdruck zu erzeugen, erfordert eine schnelle Reaktion von Gesetzgebern, Finanzverwaltungen und Kontrollinstanzen.
Statt nur auf bewährte Verfahren zu vertrauen, müssen künftig auch KI-spezifische Risiken integraler Bestandteil von Prüfstrategien sein – bevor aus einem Tool der Kreativität ein Instrument für massenhaften Steuerbetrug wird.
Quelle: https://techcrunch.com/2025/03/31/chatgpts-new-image-generator-is-really-good-at-faking-receipts/